Erhöhter Eisenbedarf

Der Eisenbedarf des Körpers wird ausschließlich über die Eisenaufnahme geregelt. Normalerweise reicht eine ausgewogene mitteleuropäische Kost aus, um den täglichen Eisenbedarf decken zu können, der den „natürlichen“ Eisenverlust ausgleicht. Männer und Frauen nach der Menopause verlieren etwa 1 mg Eisen pro Tag. Bei Frauen in der Menstruationsperiode ist der Bedarf an Eisen deutlich höher. Sie benötigen bis zu 3 mg Eisen täglich.1

Zur Umrechnung in Nahrungseisen ist wichtig zu wissen: Die tägliche Kost enthält etwa 10 - 20 mg Eisen, wovon jedoch nur 5 - 10% - je nach Bedarf - tatsächlich vom Körper aufgenommen werden. Bei einem Eisenmangel kann der Körper diese Resorptionsquote auf etwa 20 - 30 % hochregulieren. So bleibt grundsätzlich der größte Teil des Eisens – ob aus der Nahrung, aus Nahrungsergänzungsmitteln und auch aus Eisenpräparaten ungenutzt und wird mit dem Stuhl ausgeschieden. Als Faustregel gilt: Man muss den Eisenbedarf mit 10 multiplizieren, um die benötigte Menge Eisen, die in der Nahrung enthalten sein sollte, zu berechnen.1

Gibt es nun einen – zumeist aus physiologischen Gründen - erhöhten Eisenbedarf, ist dieser nicht selten der Grund für die Entwicklung eines Eisenmangels.

Einen erhöhten Eisenbedarf haben z.B.:

Diesem erhöhten Eisenbedarf in unterschiedlichen Lebensphasen tragen z.B. die Empfehlungen zur Nährstoffzufuhr Rechnung (s. Tabelle).

Empfohlene Eisenzufuhr gemäß der D-A-CH, der deutschen (D), österreichischen (A) und schweizerischen (CH) Fachgesellschaften, 201326

Altersgruppe Eisen
mg/Tag
m w*
Säuglinge**
0 bis unter 4 Monate***,**** 0,5
4 bis unter 12 Monate 8
Kinder
1 bis unter 4 Jahre 8
4 bis unter 7 Jahre 8
7 bis unter 10 Jahre 10
10 bis unter 13 Jahre 12 15
13 bis unter 15 Jahre 12 15
Jugendliche und Erwachsene
15 bis unter 19 Jahre 12 15
19 bis unter 25 Jahre 10 15
25 bis unter 51 Jahre 10 15
51 bis unter 65 Jahre 10 10
65 Jahre und älter 10 10
Schwangere   30
Stillende*****   20


*Nichtmenstruierende Frauen, die nicht schwanger sind oder nicht stillen: 10 mg/Tag

**Ausgenommen Unreifgeborene

***Hierbei handelt es sich um einen Schätzwert

****Ein Eisenbedarf besteht infolge der dem Neugeborenen von der Plazenta als Hb-Eisen mitgegebenen Eisenmenge erst ab dem 4. Monat

*****Diese Angabe gilt für stillende und nicht stillende Frauen nach der Geburt zum Ausgleich der Verluste während der Schwangerschaft

Frauen in der Menstruation

Bei Frauen im gebärfähigen Alter erhöht der menstruationsbedingte Eisenverlust den Bedarf an Eisen. Mit einer normalen Regelblutung gehen  etwa 30 ml Blut und somit bis zu 15 mg Eisen monatlich verloren. Nicht selten – etwa bei 15% der Frauen – gehen sogar 80 ml Blut und mehr verloren. Diese hohen Verluste werden häufig von den Frauen selbst noch als normal eingeschätzt. Definitionsgemäß gehört dieser Blutverlust aber schon zum Phänomen der sog. Hypermenorrhoe, d.h. einem übermäßigen menstruellen Blutverlust. Das damit auch überproportional viel Eisen verloren geht, wird häufig dabei unterschätzt.1

Doch auch schon bei normaler Menstruation reicht die physiologische Steigerung der Eisenaufnahmerate aus der Nahrung oft nicht aus, um den menstruationsbedingt etwa um 3 mg pro Tag erhöhten Bedarf an Eisen auszugleichen26

Lesen Sie mehr zum Thema: Leben mit Eisenmangel und Menstruation

Schwangere und Stillende

Bis zu 100 Prozent erhöhter Eisenbedarf in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft braucht eine Frau bis zu doppelt so viel Eisen wie zuvor; entsprechend dem größeren Blutvolumen das für die Ausbildung der Plazenta (Mutterkuchen) und für das heranwachsende Kind benötigt wird. Dabei gibt es einen steil ansteigenden Eisenbedarf ab dem 2. Schwangerschaftsdrittel bis zur Geburt. 
In der Summe lässt sich dieser zusätzliche Netto-Eisenbedarf von etwa 1000 mg für die gesamte Dauer der Schwangerschaft kaum durch die normale Ernährung ausgleichen oder  durch die mütterlichen Eisenspeicher decken. Deshalb wird die Eisenversorgung von Mutter und ungeborenem Kind streng im Rahmen der Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchungen kontrolliert: Die Beobachtung des Hämoglobin(Hb)-Wertes und des Serum-Ferritin-Wertes können einen Eisenmangel aufdecken und dessen Behebung dokumentieren.1

Deshalb empfehlen jetzt auch deutsche Fachgremien spätestens ab der 10. Schwangerschaftswoche eine tägliche Routine-Prophylaxe mit niedrigdosiertem Eisen.8

Eisenmehrbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit, mod. n. T.H. Bothwell

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Eisen - mögliche Mangelware in der Muttermilch

Der vermehrte Eisenbedarf während der Stillperiode wird in der Regel durch das Fehlen der Menstruation während der Milchbildung ausgeglichen. Auch die Ansprüche an die Nährstoffversorgung sind hier geringer - mit dem Anstieg des Energiebedarfs für die Milchbildung um etwa 500-600 kcal pro Tag. 
Allerdings zeigen Studien: Wenn in der Schwangerschaft keine zusätzlichen Eisengaben erfolgten, weisen etwa die Hälfte der Frauen ein halbes Jahr nach der Entbindung noch entleerte Eisenspeicher auf. Das Problem des Eisenmangels im Wochenbett ist weiter verbreitet als bislang angenommen.8

Außer dem bei der Geburt aus der Plazenta mitgegebenen Eisen ist die Muttermilch in den ersten 4-5 Monaten die einzige Eisenquelle des Neugeborenen. Leere Eisenspeicher der Stillenden bergen ein hohes Eisenmangel-Risiko - mit all seinen Folgen für die Mutter und für das Kind. In den Zeiten danach deckt die Muttermilch ohnehin nicht mehr den Energie- und Nährstoffbedarf des Säuglings. Somit ist die Einführung der Beikost, z.B. mit dem Gemüse-Fleisch-Brei, quasi als ein erster Schritt zur Verhinderung eines frühkindlichen Eisenmangels zu sehen.8

Lesen Sie mehr zum Thema: Leben mit Eisenmangel und Stillzeit

Kinder und Jugendliche in den Wachstumsphasen

„Bist du aber groß geworden!“ Im Kindesalter kommt es zu sogenannten Wachstumsschüben. In kurzer Zeit legen die Kleinen an enorm an Größe zu. Damit wachsen gleichzeitig die Muskelmasse und das Blutvolumen, darüber hinaus entwickelt sich auch das Gehirn weiter. Mit diesen Veränderungen steigt dann auch der tägliche Eisenbedarf. 
Unten aufgeführte Abbildung zeigt, wann die Schübe am stärksten sind; bis zum Alter von zwei Jahren und dann wieder in der Pubertät.

Täglicher Eisenbedarf (dunkle Kurve) und Nahrungseisenaufnahmen (helle Eisenkurve) 
während des Wachstums, mod. n. T.H. Bothwell

Bei Mädchen setzt das Wachstum früher ein und die Menstruation kommt hinzu. So ist ihr Eisenbedarf 15 - 30% höher als der ihrer Mütter. 
Jungen brauchen dagegen später als die Mädchen mehr Eisen. Nämlich dann, wenn sie an Muskelmasse zulegen.

Ein Eisenmangel, insbesondere in den ersten Lebensjahren, kann die körperliche, vor allem aber die geistige Entwicklung beeinträchtigen.

Lesen Sie mehr zum Thema: Leben mit Eisenmangel und Kinder / Jugendliche

Ausdauer- und Hochleitungssportler

Unter körperlicher Belastung ist – entgegen der Erwartungen – der erhöhte Verlust von Eisen über Schweiß und Urin als eher gering einzustufen. Bei sportlichen Aktivitäten wiegen andere Ursachen für eine negative Eisenbilanz deutlich schwerer.1

Hauptverantwortlich für die Eisenverluste bei intensivem Sport – so der neueste Stand der Wissenschaft - sind sogenannte Mikro-Blutungen im Körper. Bei Langstreckenläufern kann z.B. das Laufen auf hartem Grund eine Verletzung der roten Blutkörperchen im Fuß nach sich ziehen. Auch ist bei Läufern nach Wettkämpfen häufiger Blut im Stuhl festgestellt worden. Ursache sind sog. Sicker-Blutungen im Magen-Darm-Trakt. Sie sind die Folge einer Zerstörung der roten Blutkörperchen bzw. einer Schädigung der Magen-Darm-Schleimhaut, die bei großer körperlicher Anstrengung weniger gut durchblutet wird.

Wenig beachtet, aber umso wichtiger für alle Sportler sind die "nicht-athletischen Faktoren", die einen Eisenmangel auslösen. An erster Stelle steht die unzureichende Zufuhr an Eisen über die Nahrung. Kohlenhydrate sind zum Aufbau von nachhaltigen Energiespeichern (Glykogen) angesagt. Tierische Fette werden eher gemieden, so dass sich eine eher schlecht verfügbare Eisenversorgung, insbesondere bei weiblichen Sportlern ergibt.

Hinzu kommt bei Sportarten wie Langstreckenlauf, Turnen, Ballett oder beispielsweise Kampfsport in Leichtgewichtsklassen, wo ein geringes Körpergewicht für den Erfolg wichtig ist, häufig eine unterkalorische Ernährung. In diesem Zusammenhang können auch Sportarten wie Aerobic oder Jazz-Dance genannt werden, bei denen vielfach ein falsch verstandenes Schönheitsideal die Ernährung bestimmt.

Schlussendlich kann ein erhöhter Eisenbedarf des Körpers auch in großen Höhen entstehen. Das trifft zu bei der Trainingsvorbereitung im Gebirge oder bei saisonalen Sportarten wie Hochgebirgstrecking, Klettern, Bergsteigen und Skifahren. Da in der Höhe die Luft "dünner" ist, bemüht sich der Körper, seine Sauerstoffversorgung mittels einer erhöhten Produktion von Blutkörperchen sicherzustellen. Gerade in dieser Phase muss genügend Eisen vorhanden sein.26

Lesen Sie mehr zum Thema: Leben mit Eisenmangel und Sportler

  1. Nielsen P. Diagnostik und Therapie von Eisenmangel mit und ohne Anämie. 1. Aufl. 2009; UNI-MED Verlag AG Bremen

  1. Bergmann RL et al. (Arbeitskreis zur Erarbeitung fundierter Empfehlungen für die Prophylaxe und Therapie von Eisenmangel und Anämie in der Geburtsmedizin): Geburtsh Frauenheilk 2009; 69: 682-86

  1. Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V., www.dge.de, Abruf am: 31.03.2015